I.
Für den Beschwerdeführer besteht seit dem 1. Januar 2001 bei der Beschwerdegegnerin eine Privathaftpflichtversicherung. Bestandteil dieses Vertrags ist eine in den Versicherungsbedingungen geregelte Forderungsausfalldeckung.
2001 wurde der Beschwerdeführer durch eine abgefeuerte Schrotkugel erheblich verletzt. Das Landgericht X verurteilte den Schädiger im Jahr 2004, dem Beschwerdeführer zum Ausgleich des materiellen Schadens einen Betrag von 7.399,62 Euro nebst Zinsen sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000,00 Euro nebst Zinsen zu zahlen und stellte fest, dass der Schädiger verpflichtet ist, dem Beschwerdeführer auch sämtliche künftigen materiellen Schäden zu ersetzen. Von den Kosten des Rechtsstreits wurden dem Schädiger 92 Prozent auferlegt. Im Rahmen erfolgter Vollstreckungsversuche gab der Schädiger mehrere eidesstattliche Versicherungen ab, die erste im Jahr 2005. Auf den Titel zahlte er nichts.
Der Beschwerdeführer meldete den Schaden erst im September 2009 der Beschwerdegegnerin. Er begründet die späte Anzeige damit, dass er den Einschluss der Ausfalldeckung nicht gekannt und ihn erst dann ein Versicherungsmakler auf die Möglichkeit hingewiesen habe, den Schaden dem Haftpflichtversicherer zu melden. Die Beschwerdegegnerin bestreitet dies nicht, beruft sich jedoch auf Verjährung der Ansprüche und lehnt eine Leistung ab.
Die Beschwerdegegnerin ist der Ansicht, dass der Anspruch aus der Ausfalldeckung spätestens im Jahr 2005 entstanden und unter Berücksichtigung der Verjährungsfrist gemäß § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) am 31. Dezember 2008 verjährt sei. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer den Inhalt der Versicherungsbedingungen nicht zur Kenntnis genommen habe, beeinflusse den Beginn oder den Ablauf der Verjährung nicht.
II.
Die Beschwerde ist begründet. Der Beschwerdeführer hat gegen die Beschwerdeführerin aus der Ausfalldeckung einen Anspruch auf Entschädigung im durch das Landgericht X ausgeurteilten Umfang.
(1) Der Anspruch ist entstanden. Die in den maßgeblichen Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen (BBR) unter 10. genannten Voraussetzungen eines Anspruchs aus der Ausfalldeckung sind gegeben. Der Beschwerdeführer wurde während der Wirksamkeit der Versicherung von einem Dritten geschädigt und kann seine Schadenersatzforderungen nicht durchsetzen (10.1 Satz 1 BBR). Über den sonst üblichen Deckungsumfang der Haftpflichtversicherung hinaus besteht Versicherungsschutz auch im Hinblick auf Schadenersatzansprüche wegen eines vorsätzlichen Handelns des Schädigers (10.1 Satz 3 BBR). Der Beschwerdeführer hat ein rechtskräftig vollstreckbares Urteil wegen eines Haftpflichtschadens erstritten und seine Vollstreckungsversuche sind gescheitert (10.7 BBR). Von einem Scheitern wird auch ausgegangen, wenn der Dritte eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat (10.7.2 BBR).
(2) Der Anspruch ist nicht verjährt. Für den Beginn der Verjährung kommt es sowohl nach alter (§ 12 VVG a. F.) als auch nach neuer (§ 195 i. V. m. § 199 BGB) Rechtslage auf die Entstehung des Anspruchs und damit auf dessen Fälligkeit an (zu § 12 VVG a. F. siehe BGH, VersR 2002, 698, m.w.N.; zu § 199 BGB siehe BGH, NJW-RR 2009, 378, m.w.N.). Geldleistungen des Versicherers sind gemäß § 11 Absatz 1 VVG a. F. bzw. § 14 Absatz 1 VVG n. F. mit Beendigung der erforderlichen Erhebungen fällig. Der Versicherer ist dabei auf die Mitwirkung des Versicherungsnehmers angewiesen. Damit Fälligkeit eintritt, muss der Schaden zumindest angezeigt werden. Insofern hat die VVG-Reform keine Veränderungen gebracht. Vorliegend wurde der Anspruch des Beschwerdeführers erst im Jahr 2009 fällig. Infolgedessen war vorher auch keine Verjährung eingetreten. Die nötigen Erhebungen konnte der Versicherer hier erst nach der Meldung des Schadens im September 2009 machen. Erst dann lag ihm auch der in 10.8 BBR geforderte Nachweis der gescheiterten Vollstreckung vor, der gemäß 10.9 BBR Voraussetzung für die Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin ist.
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer den Schaden erst im Jahr 2009 meldete, obwohl der Schädiger die erste eidesstattliche Versicherung schon im Jahr 2005 abgegeben hatte, rechtfertigt keine Vorverlegung des Verjährungsbeginns. Kann der Versicherer seine Erhebungen nicht beenden oder schon gar nicht beginnen, weil der Versicherungsnehmer eine hierfür erforderliche Mitwirkung, etwa die Schadensanzeige, unterlässt, dann schadet letzterem nur missbräuchliches Handeln (BGH, VersR 2002, 698; VersR 1987, 1235; Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 12 Rdn. 11; Prölss/Martin/Prölss, VVG, 27. Aufl., § 12, Rdn. 11; Bruck/Möller/Johannsen, VVG, 9. Aufl., Band 1, § 15, Rdn. 12; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Muschner, VVG, § 14, Rdn. 10). Derartiges trägt die Beschwerdeführerin nicht vor, wofür im Übrigen auch keine Anhaltspunkte sprechen.
Zwar soll nach anderer Ansicht die Verjährung mit dem Schluss des Jahres beginnen, in dem ohne das Verschulden des Versicherungsnehmers der Anspruch durch Abschluss der Erhebungen fällig geworden wäre (Looschelders/Pohlmann/Schneider, VVG, § 14, Rdn. 23; Gruber in: Berliner Kommentar zum VVG, § 11, Rdn. 18; Ebers in: Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsrecht, § 15, Rdn. 14 bzw. § 15, Rdn. 14, für Fälle der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Versicherungsnehmers). Zur Begründung wird angeführt, dass das Argument des BGH, im Bereich der Verjährung sei das Verschulden ein gesetzesfremdes Merkmal, nach der Schuldrechtsreform nicht mehr gelte, weil seitdem auch der Beginn der allgemeinen Verjährungsfristen des BGB von subjektiven Elementen abhinge.
Dies überzeugt im Ergebnis jedoch nicht. Der BGH hat in seinen Entscheidungen noch andere Gründe dafür genannt, weshalb ein Vorziehen des Verjährungsbeginns abzulehnen ist, die auch nach der Schuldrechtsreform im Jahr 2002 noch Gültigkeit haben: der Zögernde dürfe nicht gedrängt werden, eine verlässliche Feststellung des maßgeblichen Zeitpunkts für den Verjährungsbeginn sei nach der anderen Ansicht nicht möglich und es gelte auch außerhalb des Versicherungsrechts, dass die Verjährung eines Anspruchs ohne die vorgesehene Handlung des Gläubigers nicht beginnen kann. Schließlich besteht auch weiterhin keine Notwendigkeit, den Verjährungsbeginn abweichend von der gesetzlichen Regelung in solchen wie hier gegebenen Fällen vorzuziehen. Der Versicherer hat es selbst in der Hand, sein Interesse, nicht erst nach längerer Zeit mit einem Schadenfall konfrontiert zu werden, durch die Vereinbarung von entsprechenden Anzeige- und Mitwirkungsobliegenheiten zu schützen (so auch Prölss/Martin/Prölss, a.a.O.; Bruck/Möller/Johannsen, a.a.O.).
Soweit die Beschwerdeführerin gegen die Anwendbarkeit des BGH-Urteils (VersR 2002, 698) einwendet, in dem zugrundeliegenden Fall sei der Schaden dem Versicherer bereits angezeigt gewesen, der Versicherungsnehmer habe dann nur nicht mehr seinen Anspruch anmelden können kann dem entgegengehalten werden, dass weder in der Rechtsprechung, noch in der Literatur zwischen dem Unterlassen der Erstanzeige und dem Unterlassen späterer Mitwirkungshandlungen unterschieden wird.
Darüber hinaus erscheint es hier auch fraglich, ob dem Beschwerdeführer ein (erhebliches) Verschulden vorgeworfen werden kann. Er hat die notwendige Mitwirkungshandlung nicht bewusst unterlassen. Es ist unstreitig, dass ihm die Ausfalldeckung nicht bekannt war. Zwar hätte er von ihr Kenntnis erlangen können, gegen ein „müssen“ spricht aber, dass die Ausfalldeckung in ihrer Zielrichtung und Funktionsweise ein Fremdkörper in der Haftpflichtversicherung ist. Gedeckt wird dabei nicht ein Haftungsrisiko, sondern ein Eigenschaden. Die Ausfalldeckung ist eine relativ neue, untypische Produkterweiterung, die sich im allgemeinen Bewusstsein noch nicht festgesetzt haben dürfte. Auch in der Rechtsprechung spielt sie, soweit ersichtlich, keine größere Rolle. Vor diesem Hintergrund musste der Beschwerdeführer nicht damit rechnen, dass sein Haftpflichtvertrag eine Ausfalldeckung enthält. Von ihm konnte insofern auch nicht erwartet werden, dass er die Versicherungsbedingungen nach möglichen Regelungen hierzu durchsieht, zumal im Versicherungsschein vom 16. Oktober 2000 auf der ersten Seite der Deckungsumfang mit Invers-Premium-Deckung ohne ausdrücklichen Hinweis auf die Ausfalldeckung beschrieben wird.
(3) Die Beschwerdegegnerin könnte sich auch nicht auf eine leistungsbefreiende Obliegenheitsverletzung berufen. Dabei ist schon zweifelhaft, dass eine Obliegenheitsverletzung objektiv gegeben ist. Gemäß 10.5 BBR hat der Versicherungsnehmer eine Schadenanzeige zuzusenden. Von einer Frist oder von „Unverzüglichkeit“ ist hierbei nicht die Rede. Die obigen Ausführungen sprechen aber zumindest gegen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Beschwerdeführers. Darüber hinaus ist auch nicht erkennbar, dass die verspätete Anzeige Auswirkungen auf die Feststellungen der Beschwerdegegnerin hatte. Diese hat selbst nichts zu möglichen Nachteilen vorgetragen.