I.
Der Beschwerdeführer möchte mit seiner Beschwerde Kostenschutz für ein erstinstanzliches sozialgerichtliches Verfahren seiner Ehefrau gegen die Bundesagentur für Arbeit (fortan: BA, vormals Bundesanstalt für Arbeit, BAfA) erreichen.
Frau X war seit dem 1. Juni 2002 arbeitslos. Am 15. Dezember 2003 stellte sie einen Antrag auf Überbrückungsgeld bei der BA. Sie begründete dies damit, dass sie eine selbständige Tätigkeit als Personalberaterin beabsichtigte. In der Folgezeit nahm sie an EDV-Kursen teil. Ab dem 1. Februar 2004 begann sie eine Tätigkeit als Leiterin eines Hotels unter der Voraussetzung, dass der Arbeitgeber einen Zuschuss für die Einstellung eines Langzeitarbeitslosen erhält. Die BA lehnte nach mehreren Wochen den diesbezüglichen Antrag ab. Aus diesem Grund endete das Arbeitsverhältnis und Frau X verfolgte ihren Antrag auf Überbrückungsgeld bei der BA weiter. Am 1. April 2004 hat Frau X ihre Tätigkeit als selbständige Personalberaterin aufgenommen.
Den Antrag auf Überbrückungsgeld hat die BA abschlägig beschieden, da ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den Entgeltersatzleistungen und der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nicht bestünde. Frau X habe schließlich für ihre Tätigkeit im Hotel Gehalt bezogen.
Die Beschwerdegegnerin hat den Kostenschutz für ein erstinstanzliches sozialgerichtliches Verfahren gegen die Entscheidung der BA abgelehnt. Sie ist der Ansicht, die rechtliche Interessenwahrnehmung stünde im Zusammenhang mit einer selbständigen Tätigkeit, die vom Versicherungsschutz nicht umfasst sei.
II.
Die Beschwerde ist begründet. Die Ehefrau des Beschwerdeführers hat einen Anspruch auf Gewährung von Versicherungsschutz.
Der Beschwerdeführer unterhält bei der Beschwerdegegnerin einen Privat-, Berufs- und Verkehrs-Rechtsschutzvertrag für Nichtselbständige nach § 26 der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) 94. Die Ehefrau ist mitversicherte Person.
Die rechtliche Interessenwahrnehmung steht nicht im Zusammenhang mit einer selbständigen Tätigkeit im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 2 ARB 94. Das ergibt die Auslegung des § 26 Abs. 1 Satz 2 ARB 94. Hierin heißt es:
„Kein Versicherungsschutz besteht (…) für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit einer (…) selbständigen Tätigkeit.“
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind Allgemeine Vertragsbedingungen – hier die ARB 94 – so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (BGHZ 84, 268 [272] = Zeitschrift Versicherungsrecht (VersR) 82, 841; BGHZ 123, 83 [85] = VersR 93, 957 und ständig).
Bei Risikoausschlüssen geht das Interesse des Versicherungsnehmers regelmäßig dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet. Ihr Anwendungsbereich darf mithin nicht weiter ausgedehnt werden, als es ihr Sinn unter Beachtung des wirtschaftlichen Ziels und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass sein Versicherungsschutz Lücken hat, ohne dass ihm diese hinreichend verdeutlicht werden (BGHZ 65, 142 [145] = VersR 75, 1093 [1094]; Senat vom 17. März 1999 – IV ZR 89/98 – VersR 99, 748 und ständig).
Danach ist die Klausel wie folgt auszulegen:
Der eindeutige Wortlaut des § 26 Abs. 1 Satz 2 ARB 94 nimmt Risiken einer selbständigen Tätigkeit vom Versicherungsschutz aus. Damit wird für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer offenkundig der Zweck verfolgt, die ungleich höheren Risiken von Selbständigen nicht der Rechtsschutzgemeinschaft der Nichtselbständigen aufzuerlegen. Dabei setzt der Ausschluss noch vor dem Beginn der Selbständigeneigenschaft ein. Aufgrund der Formulierung des § 26 Abs. 1 Satz 2 ARB 94 erkennt der durchschnittliche Versicherungsnehmer, dass die Interessenwahrnehmung nicht (erst) „in der Eigenschaft als“ selbständig Tätiger, sondern (schon) „im Zusammenhang mit“ einer selbständigen Tätigkeit ausgeschlossen ist. Hierdurch wird klargestellt, dass der Versicherungsschutz des Nichtselbständigen nicht erst mit der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit endet, sondern auch dann nicht besteht, wenn irgend eine damit in adäquatem Zusammenhang stehende vorbereitende Tätigkeit entfaltet wird und sich hieraus Streit ergibt (Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 7. Aufl., § 25 ARB 75, Rdnr. 23).
Die Formulierung „im Zusammenhang mit einer selbständigen Tätigkeit“ setzt weiter voraus, dass die Interessenwahrnehmung geschäfts- oder unternehmensbezogen sein muss und nicht genauso gut ohne diesen Bezug hätte eintreten können (BGH vom 28. Juni 1978 – IV ZR 1/77 – VersR 78, 816 (817). Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erschließt sich aus § 26 Abs. 1 Satz 2 ARB 94 nicht, dass der Ausschluss bereits schon dann erfüllt sein soll, wenn ein loser oder zufälliger Zusammenhang mit einer selbständigen Tätigkeit besteht. Den Begriff „im Zusammenhang“ wird er vielmehr so verstehen, dass ein innerer sachlicher Bezug notwendig ist, der bereits der Risikosituation des Selbständigen vergleichbar ist (vgl. Mathy, VersR 92, 781; Harbauer, a.a.O., Rdnr. 24). Dies gilt umso mehr, als es sich um einen Ausschluss vom Versicherungsschutz handelt, weshalb, wie bereits ausgeführt, keine weite Ausdehnung zulässig ist.
Vor dem dargestellten Hintergrund, dass Risikoausschlussklauseln aus dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers grundsätzlich eng auszulegen sind, erscheint schon sehr fraglich, ob der Risikoausschluss der selbständigen Tätigkeit überhaupt eingreift, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung sich gegen die BA auf Gewährung von Überbrückungsgeld richtet. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird hier keinen Zusammenhang mit einer selbständigen Tätigkeit oder mit deren Vorbereitung sehen. Nach seinem Verständnis sind die Prozessrisiken, die typischerweise mit einer Selbständigkeit einhergehen, ganz anders gelagert. Ansprüche gegen den Staat auf Überbrückungsleistungen sieht ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer eher in seiner unselbständigen Tätigkeit begründet, die er vor seiner Arbeitslosigkeit ausgeübt hat. Das mit einer selbständigen Tätigkeit oder deren Vorbereitung typischerweise verbundene Prozessrisiko hat sich in den Fällen eines Anspruches auf Überbrückungsgeld gerade nicht verwirklicht (ebenso die Sichtweise des Landgerichts Stuttgart, VersR 91, 921, die sich von dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht unterscheiden dürfte, wie die Beschwerdegegnerin aber wohl anzunehmen scheint).
Diese Fragen brauchen aber nicht weiter vertieft zu werden, weil sich das typische Risiko einer selbständigen Tätigkeit bei den besonderen Umständen des vorliegenden Sachverhalts keinesfalls verwirklicht hat.
Die BA verweigert die beanspruchte Leistung mit der Begründung, das Überbrückungsgeld stehe der Ehefrau des Beschwerdeführers deshalb nach § 57 Sozialgesetzbuch – Drittes Buch (SGB III) nicht zu, weil sie in der Zwischenzeit eine – unselbständige – Tätigkeit als Leiterin eines Hotels seit dem 1. Februar 2004 aufgenommen habe. Damit hat sich das Risiko eines Prozesses gegen die BA gerade nicht aus einer selbständigen Tätigkeit, sondern aus einer unselbständigen Tätigkeit verwirklicht, so dass schon unter diesem Gesichtspunkt der Risikoausschluss einer selbständigen Tätigkeit nicht eingreifen kann, zumal die Tätigkeit als Leiterin eines Hotels auch nicht als notwendige oder nützliche Vorbereitung auf die spätere Tätigkeit als selbständige Personalberaterin zu sehen ist, sondern nur der finanziellen Überbrückung diente.