I.
Der Beschwerdeführer war seit ca. 17 Jahren als Möbelmonteur tätig. Seit einigen Jahren arbeitete er als Möbelmonteur und Kraftfahrer für eine Speditionsfirma. Gemeinsam mit seinem Beifahrerkollegen lieferte er die von Kunden gekauften Möbel teilweise von verschiedenen Möbelhäusern aus, baute diese bei Bedarf in deren Wohnung bzw. deren Haus auf und erledigte Inkassoaufträge. Hierbei handelte es sich um eine Tätigkeit im Zeitakkord. Für die Auslieferung und die einzelnen Arbeitsschritte zum Aufbau des jeweiligen Möbelstückes gab es enge Zeitvorgaben für die jeweilige Arbeitsmenge. Konnten diese nicht eingehalten werden, hatte der Beschwerdeführer so lange zu arbeiten, bis seine täglichen Auftragsarbeiten erledigt waren, so dass es zeitweise zu einer Tagesarbeitszeit von 7.00 Uhr bis 21.00 bzw. 22.00 Uhr und insgesamt zu einer 50- bis 70-Stunden-Woche gekommen ist.
Von speziellen Möbelherstellern wurde er in bestimmten Abständen, insbesondere in der Möbelmontage hochwertiger Möbel, geschult und weitergebildet.
2011 verunfallte der Beschwerdeführer während seiner Berufstätigkeit (Treppensturz). Er zog sich am linken Handgelenk eine Defektverletzung des Dreieckknorpelkomplexes mit einer partiellen Verletzung des Mondbein/Kahnbeinbandes zu, die mehrfach operativ versorgt wurde. Als gesamte Unfallfolgen wurden eine eingeschränkte Außenrotation des linken Unterarmes, eine eingeschränkte Beweglichkeit des linken Handgelenks in allen Achsen um ca. 30 Prozent bis 50 Prozent und eine Minderung der groben Griffkraft links um ca. 25 Prozent festgestellt.
Des Weiteren besteht beim Beschwerdeführer ein Wirbelsäulenleiden. 2007 wurde ein Bandscheibenvorfall im Bereich LWK 4/5 operativ behandelt. Gegenwärtig sei ein vierfacher Bandscheibenvorfall im Halswirbelsäulenbereich, teilweise mit Nerventangierung, festgestellt worden. Seit ca. 12 Jahren leidet der Beschwerdeführer an einem chronischen Tinnitus links. Gelegentlich trete der Tinnitus auch rechts auf. Durch die jahrelange Einnahme von Schmerzmitteln seien die Nieren in Mitleidenschaft gezogen worden. Letzteres werde gegenwärtig abgeklärt.
Der Beschwerdeführer war seit September 2011 arbeitsunfähig krankgeschrieben. In einer stationären Reha-Behandlung in einem Fachklinikum wurde er als arbeitsunfähig entlassen. Die Reha-Ärzte bewerteten sein berufliches Restleistungsvermögen mit täglich unter drei Stunden in seiner zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei er unter Beachtung bestimmter Einschränkungen (kein Lärm, keine Belastung des linken Armes, insbesondere der linken Hand, mittlerweile auch eingeschränkte Belastung des rechten Armes bis max. 10 kg Heben und Tragen, keine Zwangshaltungen im Lumbalbereich) über sechs Stunden täglich einsetzbar (Stand März 2013).
Im Juni 2012 stellte der Beschwerdeführer bei der Beschwerdegegnerin einen Leistungsantrag. Mit Schreiben vom 1. Februar 2013 erklärte sich die Beschwerdegegnerin dahingehend, dass sie ohne Anerkennung einer Rechtspflicht die „Berufsunfähigkeitsleistungen (Beitragsbefreiung und Rente) vergüten“ werde für die Zeit vom 1. Oktober 2011 bis „vorerst“ 1. Mai 2013. Dieses Schreiben beinhaltete auch eine Aufstellung der Beträge, wonach die Leistungen jedoch nur bis 1. März 2013 abgerechnet worden sind.
Die Berufsunfähigkeit des Beschwerdeführers im Ausgangsberuf ist unbestritten. Im vorgenannten Schreiben teilte die Beschwerdegegnerin jedoch u. a. mit, dass der Beschwerdeführer mit dem verbliebenen Leistungsvermögen in der Lage sei, eine andere zumutbare berufliche Tätigkeit auszuüben. Die Leistungsvoraussetzungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung lägen daher bei genauer Anwendung der Bedingungen nicht vor. Gleichzeitig forderte die Beschwerdegegnerin noch weitere Unterlagen an und stellte in Aussicht, nach Erhalt derer abschließend über den Leistungsantrag zu entscheiden.
Mit Schreiben vom 27. Januar 2014 nimmt die Beschwerdegegnerin zum Leistungsantrag abschließend Stellung. Sie lehnt die Berufsunfähigkeitsleistung ab und führt Folgendes aus:
„Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt besteht jedoch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten. Da Sie für den Beruf des Möbelmonteurs keine abgeschlossene Berufsausbildung haben, sind Sie bedingungsgemäß zumutbar auf sämtliche Anlerntätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verweisen, die Ihrem verbliebenen körperlichen Leistungsvermögen entsprechen. Solche Tätigkeiten (z. B. Pförtner) entsprechen auch Ihrer bisherigen Lebensstellung, da keine wesentlichen Einkommenseinbußen hingenommen werden müssen. Da Sie mit Ihrem verbliebenen Leistungsvermögen zumutbare Verweisungstätigkeiten ausüben können, sind die Leistungsvoraussetzungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht erfüllt.
Der Beschwerdeführer verfolgt mit seiner Beschwerde das Ziel, dass die Beschwerdegegnerin die vertraglich vereinbarte Berufsunfähigkeitsleistung seit dem 1. März 2013 fortsetzt. Er ist der Ansicht, dass seine jahrelange Tätigkeit als Möbelmonteur und Kraftfahrer nicht mit einer Tätigkeit als Pförtner vergleichbar sei.
Die Beschwerdegegnerin lehnt es ab, weitere Berufsunfähigkeitsleistungen zu erbringen. Sie vertritt die Auffassung, der Beschwerdeführer sei, weil er keine Berufsausbildung als Möbelmonteur habe, zumutbar auf sämtliche Anlerntätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Bei solchen Tätigkeiten (z. B. Pförtner) müsse er keine Einkommenseinbußen hinnehmen. Darüber hinaus sei der Tätigkeit als Möbelmonteur kein so hoher sozialer Status beizumessen und daher eine Verweisung nicht ausgeschlossen. Die Leistungsvoraussetzungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung seien daher nicht erfüllt.
II.
Die Beschwerde hat Erfolg. Dem Beschwerdeführer stehen weiter Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung zu.
Nach den Allgemeinen Bedingungen für Berufsunfähigkeitsversicherung (vgl. § 2 Abs. 1 und Abs. 3) ist der Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn er zusätzlich zur Berufsunfähigkeit in seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit auch keine andere vergleichbare Tätigkeit ausüben kann. Die Darlegungs- und Beweislast, dass der Versicherte einen oder mehrere Verweisungsberufe ausüben kann, liegt beim Versicherer.
Zwischen den Beschwerdeparteien ist unstreitig, dass der Beschwerdeführer seine zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit nicht mehr im bedingungsgemäßen Maße (mindestens 50 Prozent) seit dem 7. September 2011 ausüben kann.
Die Beschwerdegegnerin hat mit ihren Schreiben vom 1. Februar 2013 und vom 27. Januar 2014 den Beschwerdeführer weder auf die Tätigkeit eines Pförtners noch auf andere Tätigkeiten wirksam verwiesen.
Will der Versicherer den Versicherten entsprechend seiner Versicherungsbedingungen auf eine andere Tätigkeit abstrakt verweisen, hat er sich ausdrücklich darauf zu berufen und den Verweisungsberuf zu bezeichnen. Darüber hinaus hat er das konkrete Berufsbild und die prägenden Merkmale der Verweisungstätigkeit (in der Regel die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, übliche Arbeitsbedingungen, wie Arbeitsplatzverhältnisse, Arbeitszeiten, die übliche Entlohnung, die notwendigen körperlichen Kräfte) konkret dazulegen und mit der bisherigen Berufsausübung zu vergleichen. Allgemein gehaltene Hinweise reichen dazu nicht aus. Auch genügt es nicht, pauschal zu behaupten, die Verweisungstätigkeit würde der bisherigen Lebensstellung entsprechen. Der Versicherer hat dazu konkret vorzutragen. Dies hat die Rechtsprechung mehrfach festgestellt (vgl. BGH vom 30.09.1992 – IV ZR 227/91; BGH vom 29.06.1994 – IV ZR 120/93; BGH vom 28.09.1994 – IV ZR 226/93; BGH vom 23.01.2008 – IV ZR 10/07; OLG Saarbrücken vom 29.10.2003 – 5 U 451/02-58).
Dem Versicherer obliegt damit eine sogenannte Aufzeigelast. Dieser ist die Beschwerdegegnerin mit ihrem Schreiben vom 27. Januar 2014 nicht gerecht geworden. Die Beschwerdegegnerin hat sich weder mit den Kriterien der von ihr beanspruchten Verweisungstätigkeit als Pförtner im Vergleich zum Ausgangsberuf des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und dies dem Beschwerdeführer aufgezeigt, noch hat sie andere Verweisungstätigkeiten konkret benannt und diese im vorgenannten Sinne geschildert. Die bloße Berufung der Beschwerdegegnerin auf eine zumutbare Ausübung sämtlicher Anlerntätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ist eindeutig nicht ausreichend und bewirkt keine erfolgreiche abstrakte Verweisung, so dass die Verweisung, auf die die Beschwerdegegnerin ihre Leistungsablehnung stützt, nicht wirksam ist.
Kommt der Versicherer seiner Darlegungs- und Beweislast nicht nach, so ist der Versicherungsnehmer nicht verpflichtet, den Vortrag des Versicherers zu widerlegen. Er kann sich auf einfaches Bestreiten beschränken, was vorliegend der Fall gewesen ist. Erst wenn ein Versicherer seiner Aufzeigelast nachgekommen ist, muss der Versicherungsnehmer mit substantiierten Beweisangeboten darlegen, warum der vom Versicherer ausgewählte Vergleichsberuf nicht zumutbar sei (vgl. Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung, 3. Aufl., IX., Rn. 236).
Im Übrigen liegt es nahe, dass ein Möbelmonteur mit Kraftfahrertätigkeit, der zwar keine Berufsausbildung zur Fachkraft für Möbelservice absolviert hat, aber seit ca. 17 Jahren diese Tätigkeit ausübt, über so viel Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, dass der Beschwerdeführer nicht mit einer ungelernten Arbeitskraft verglichen und damit nicht auf ungelernte Tätigkeiten und auch nicht auf die eines Pförtners abstrakt verwiesen werden kann (vgl. BGH vom 27.05.1992 – IV ZR 112/91; OLG Karlsruhe vom 15.03.2007 – 12 U 196/06).
Aus den vorgenannten Gründen greift die abstrakte Verweisung der Beschwerdegegnerin nicht. Der Beschwerdegegnerin ist daher in Anwendung ihres eigenen Bedingungswerkes zu empfehlen, das gebotene Anerkenntnis auszusprechen und die vertraglich vereinbarte Berufsunfähigkeitsleistung weiter seit 1. März 2013 zu erbringen.
Die Beschwerdegegnerin hat für die Leistungen, die ab Beschwerdeeinlegung am 14. Februar 2014 bis zur Wiederaufnahme der Leistungen fällig geworden sind, Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. Dies ergibt sich aus § 288 BGB und aus § 13 der Verfahrensordnung des Versicherungsombudsmannes (VomVO).