Die Beschwerdeführerin wünscht Versicherungsschutz für eine rechtliche Auseinandersetzung mit der Firma M. Diese war mit der Errichtung eines Balkons an dem Haus der Beschwerdeführerin beauftragt und unter anderem mit der Fertigstellung in Verzug geraten. Die Beschwerdegegnerin verweigert eine Deckungszusage, da diese Auseinandersetzung unter die Baurisikoausschlussklausel falle. Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, dass ein Balkon kein Gebäudeteil und deshalb die Baurisikoklausel nicht anwendbar sei.
Für die Beschwerdeführerin besteht eine Rechtsschutzversicherung, der die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 09/1996) zugrunde liegen. Nach § 3 Absatz 1 d) bb) ARB 09/1996 besteht kein Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Planung oder Errichtung eines Gebäudes oder Gebäudeteiles, das sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindet oder das dieser zu erwerben oder in Besitz zu nehmen beabsichtigt.
Die Beschwerdegegnerin beruft sich zutreffend auf das Eingreifen der Risikoausschlussklausel. Ein Balkon ist ein Gebäudeteil. Das ergibt die Auslegung des § 3 Absatz 1 d) bb) ARB 09/1996.
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach gefestigter Rechtsprechung so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (Bundesgerichtshof [BGH] vom 23. Juni 1993 – IV ZR 135/92 -, Versicherungsrecht [VersR] 1993, 957). Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an.
Dieser Grundsatz erfährt jedoch eine Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet. In diesen Fällen ist anzunehmen, dass auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen darunter nichts anderes verstehen wollen. Ein von der Rechtssprache abweichendes Verständnis kann allerdings dann in Betracht kommen, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (BGH vom 5. Juli 1995 – IV ZR 133/94 – VersR 1995, 951).
Es kann unbeschieden bleiben, ob der Ausdruck „Gebäudeteil“ ein Begriff der Rechtssprache ist. Er ist jedenfalls auch Bestandteil der allgemeinen Sprache, so dass der Versicherungsnehmer nicht ausschließlich in den Bereich der Rechtssprache geführt wird. Hier wird ein Gebäude oft als Haus bezeichnet. Und ein Teil eines Gebäudes ist demnach ein Teil eines Hauses. Gehört der Ausdruck auch der allgemeinen Sprache an und kann der Versicherungsnehmer ihn deshalb als juristischen Begriff mit von der allgemeinen Sprache unterschiedlichem Inhalt nicht erkennen, muss die Bedeutung des Begriffs aus der Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers erschlossen werden (BGH vom 8. Dezember 1999 – IV ZR 40/99 – VersR 2000, 311).
Nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers komme ich zu dem Ergebnis, dass ein Balkon ein Teil eines Gebäudes im Sinne der Risikoausschlussklausel ist.
Wörtlich genommen ist ein „Gebäudeteil“ ein Teil eines Bauwerks. In diesem Sinne wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer auch einen Balkon als Teil eines Gebäudes verstehen. Ein Balkon ist ein von einem Geländer oder Ähnlichem umgebener, vorspringender Teil an einem Gebäude, den man vom Inneren des Hauses betreten kann (vgl. Duden, Das Bedeutungswörterbuch). Ein Balkon kann regelmäßig als zur Wohnung gehörend vom Nutzungsberechtigten der Wohnung genutzt werden. Üblicherweise wird bei der Berechnung der Wohnfläche auch ein gewisser Prozentsatz der Balkonfläche angesetzt. All dies macht deutlich, dass ein Balkon als Teil eines Gebäudes zu werten ist.