I.
Für den Beschwerdeführer besteht bei der Beschwerdegegnerin eine Rechtsschutzversicherung; seit dem 3. Februar 2006 sind Privat-, Berufs-und Wohnungs-Rechtsschutz gemäß §§ 25 und 29 ARB 2006 versichert.
Der Beschwerdeführer wehrt sich dagegen, dass die Beschwerdegegnerin Kostenschutz für einen Streit ablehnt, der nach dem Verkauf einer Eigentumswohnung entstanden ist.
Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau verkauften eine Eigentumswohnung, zu der eine durch die Verkäufer Ende 2008 nachträglich errichtete Dachterrasse gehört. Nach dem Vortrag der Käuferin vor dem Landgericht Berlin wünschte diese vor Vertragsschluss eine Prüfung durch einen Sachverständigen, um feststellen zu lassen, ob die Dachterrasse fachgerecht errichtet wurde. Da jedoch die Verkäufer es eilig gehabt und zugesichert hätten, dass das genehmigungspflichtige Bauvorhaben unter Einbeziehung einer Architektin errichtet worden sei, habe die Käuferin auf die Beauftragung eines Sachverständigen verzichtet. Die besagte Zusicherung wurde in den Kaufvertrag vom 9. Juli 2010 unter § 5 Abs. 2 a) aufgenommen. Dort heißt es weiter, dass die Verkäufer sämtliche Rechte im Zusammenhang mit der Planung und dem Bau der Dachterrasse, unter anderem auch gegen die Architektin, an die Käuferin abtreten.
Später stellte die Käuferin Undichtigkeiten sowie Baumängel an der Dachterrasse fest und fand heraus, dass es sich bei der Planerin der Dachterrasse, die wohl auch die Bauausführung überwacht hatte, nicht um eine Architektin, sondern um eine CAD-Konstrukteurin gehandelt habe. Die Käuferin hat daraufhin den Wohnungskaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten und Vertragsrückabwicklung verlangt. Durch die Täuschung sei bei der Käuferin ein Irrtum erzeugt worden, der für den Abschluss des Kaufvertrages ursächlich gewesen sei. Die Käuferin reichte Klage beim Landgericht Berlin auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und Erstattung von Aufwendungsersatz ein.
Der Beschwerdeführer beantragte bei der Beschwerdegegnerin Deckungsschutz für die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen. Diese lehnte die Kostenübernahme mit der Begründung ab, dass die Interessenwahrnehmung in einem ursächlichen Zusammenhang mit der genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung eines Gebäudes oder Gebäudeteiles, das sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindet, steht, § 3 Abs. 1 Buchstabe d) cc) ARB 2006.
II.
Die Beschwerde ist begründet. Der Beschwerdeführer hat Anspruch auf die Übernahme der Kosten für die gerichtliche Wahrnehmung seiner Interessen. Die Beschwerdegegnerin kann sich nicht auf die Baurisikoausschlussklausel berufen.
In § 3 Abs. 1 Buchstabe d) cc) ARB 2006 auf den sich die Beschwerdegegnerin bezieht, heißt es:
„Ausgeschlossene Rechtsangelegenheiten
Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen
(1) in ursächlichem Zusammenhang mit
…
- d) …
- cc) der genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung eines Grundstückes, Gebäudes oder Gebäudeteiles, das sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindet oder das dieser zu erwerben oder in Besitz zu nehmen beabsichtigt,“
Zwar besteht ein ursächlicher Zusammenhang des Rechtsstreites mit einem genehmigungspflichtigen Bauvorhaben, der Errichtung der Dachterrasse, denn diese Baumaßnahme kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass zugleich auch der Rechtsstreit entfiele. Dennoch ist die Baurisikoausschlussklausel nicht anwendbar, da sich kein Risiko verwirklicht hat, das vom Anwendungsbereich der Baurisikoausschlussklausel erfasst wird.
Versicherungsbedingungen sind nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83 [85] – VersR 1993, 957 [958]). Risikoausschlussklauseln sind eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht (BGH VersR 2009, 1617 Tz. 10 m. w. N.).
Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird die Klausel dahingehend verstehen, dass solche Streitigkeiten ausgeschlossen werden sollen, bei denen sich das Risiko verwirklicht, das einer Bautätigkeit innewohnt. Dies betrifft Bautätigkeiten in dem genannten Zusammenhang mit den am Bau Beteiligten, also Baufirmen, Handwerker, Architekten etc. Er wird den Sinn der Klausel darin sehen, dass diese Streitigkeiten, die im Zusammenhang mit der Bauausführung stehen, vom Rechtsschutz ausgeschlossen werden, weil sie erfahrungsgemäß umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahmen, häufig unter Einbeziehung von Gutachtern, notwendig machen und daher in Rechtsstreiten hohe Kosten verursachen. Der erkennbare Sinn und Zweck der Klausel ist es daher, Streitigkeiten auszuschließen, die in der baulichen Veränderung wurzeln und die erfahrungsgemäß besonders streitanfällig und kostenträchtig sind.
Maßgebend dafür, ob die Baurisikoausschlussklausel zur Anwendung kommt, sind die Rechtsnatur der Ansprüche oder der Rechtsverteidigung, die der Versicherungsnehmer geltend macht (BGH VersR 1994, 44). Es kommt somit darauf an, welche Ansprüche geltend gemacht werden und in welchen Eigenschaften sich die Beteiligten gegenüberstehen. Von einem Baurisiko ist das andersgeartete Risiko beim Erwerb zu unterscheiden. So stellte auch das OLG Hamm (VersR 1983, 1182) fest, dass die Ausschlussklausel (nach den früheren Bedingungen in § 4 Abs. 1 Buchstabe k) ARB) bei Rechtsstreitigkeiten aus Erwerb von Wohngrundstücken dann nicht eingreift, wenn sich die Rechtsbeziehung des Versicherungsnehmers zum Veräußerer nur nach Kaufrecht beurteilt (siehe auch: Harbauer, ARB Kommentar, 8. Auflage, § 3 ARB 2000, Randnummer 66). Ein ursächlicher Zusammenhang mit den im § 3 Abs. 1 Buchstabe d) aa) bis cc) ARB genannten Baumaßnahmen sei nur dann anzunehmen, wenn ein zeitlicher und innerer sachlicher Zusammenhang zwischen der Streitigkeit und den Besonderheiten des ausgeschlossenen Risikos besteht, sich also das typische (spezifische) Baurisiko realisiert hat (AG Schleswig, U. v. 6. 3. 2009, 2 C 138/08). So stellt auch Maier in Harbauer (a. a. O., § 3 ARB 2000, Rn. 37) fest, dass unter anderem § 3 Absatz 1 Buchstabe d) cc) ARB grundsätzlich keine Anwendung findet auf Rechtsstreitigkeiten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb bereits fertig gestellter Immobilien stehen, da sie erkennbar das Baurisiko ausschließen wollen.
Der Anwendungsbereich der Klausel entspricht im hier interessierenden Bereich noch der Grundrichtung des OLG Hamm (a.a.O.), wenngleich unter den heutigen Auslegungsgrundsätzen. Das KG hat in seiner Entscheidung vom 26. 10. 2010 (7 U 31/10) den Anwendungsbereich der Klausel in gleicher Weise gesehen. In dem dortigen Rechtsstreit ging es um die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen im Zusammenhang mit der Herstellung beziehungsweise dem Ausbau der von der Klägerin erworbenen Wohnung. Die Bauarbeiten waren zwar bereits abgeschlossen, es waren jedoch noch offenkundige Baumängel vorhanden. Die Verkäuferin hatte, da sie selbst die Gewährleistungsansprüche gegen die bauausführende Firma nicht durchgesetzt hatte, diese im Kaufvertrag an die Käuferin mit abgetreten. Um die Beseitigung dieser Mängel stritt der Versicherungsnehmer mit der Firma. Das KG bestätigte, dass die Baurisikoausschlussklausel Anwendung finde: Es komme auf die Rechtsnatur der geltend gemachten Ansprüche an, diese beträfen das Werkvertragsrecht (Rn. 12).
Im vorliegend zu entscheidenden Fall sind die Umstände gänzlich andere. Die Baumaßnahme, auf welche die Beschwerdegegnerin ihre Ablehnung stützt, war ohne offensichtliche bzw. bekannte Mängel abgeschlossen worden. Der Rechtsstreit des Beschwerdeführers, für den er Deckung erwartet, betrifft ausschließlich kaufvertragliche, keine werkvertraglichen Ansprüche. Die Käuferin verfolgt mit dem Prozess nicht die Beseitigung von Mängeln, sondern sie verlangt Rückabwicklung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung über die Qualifikation der den Anbau leitenden Person. Der Anspruchsgegner des Beschwerdeführers ist nicht ein Bauausführender, sondern die Käuferin.
Aus alldem ergibt sich, dass der vorliegend vorhandene Bezug zu einer Baumaßnahme nicht zugleich bedeutet, dass sich das typische Baurisiko verwirklicht hätte. Das Rechtsverhältnis, für das der Versicherungsnehmer Kostenschutz abruft, wird weder durch die Gegenpartei noch durch die Ansprüche in der Weise geprägt, wie es für den erkennbaren Ausschlussgrund erforderlich wäre. Dementsprechend kann ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer der Ausschlussklausel nicht entnehmen, dass dadurch Rechtstreitigkeiten der vorliegenden Art vom Versicherungsschutz ausgeschlossen werden sollen.
Das Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass die prozessentscheidende Frage, ob die Käuferin von den Verkäufern über die Eigenschaft derjenigen getäuscht wurde, der die Bauleitung und Bauüberwachung oblag, keine Beweisaufnahme in der Art erfordert, wie sie Bauprozesse üblicherweise aufwändig und kostenträchtig macht.
Amerkung: Für den Ausschluss von Baufinanzierungsvorgängen nach § 3 Abs. 1 Buchstabe d) dd) ARB 94 ist nicht erforderlich dass der Rechtsstreit sich als Verwirklichung des typischen Baurisikos darstellt (BGH, VersR 2004, S. 1596 unter II 2 b sowie BGH IV ZR 282/07 vom 28.5.2008, Rn. 6; der BGH hat ausdrücklich offen gelassen, ob dies auch für die jeweiligen Risikoausschlüsse nach § 3 Abs. 1 Buchstabe d aa) bis cc) gilt).