I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen den vom Beschwerdegegner ausgesprochenen Rücktritt vom Vertrag und gegen die erklärte Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung.
Die Beschwerdeführerin beantragte am 1. November 1999 eine dynamische Investment Berufsunfähigkeitsversicherung mit Beginn des Versicherungsschutzes ab 1. Dezember 1999. Für den Leistungsfall sah die Versicherung eine jährliche Berufsunfähigkeitsrente von 8.370 EUR vor. Im Antragsformular für die Beantragung des Versicherungsschutzes wurden u. a. folgende Gesundheitsfragen gestellt:
„Leiden oder litten Sie in den letzten 10 Jahren an Krankheiten, gesundheitlichen Störungen oder Beschwerden? (z. B. des Herzens oder Kreislaufs/erhöhtem Blutdruck, der Atmungs-, Verdauungs-, Harn- oder Geschlechtsorgane, Nerven, Sinnesorgane, Milz, Drüsen, Haut, Knochen, Gelenke, Wirbelsäule, des Gehirns, Rückenmarks, Gemüts, Blutes, Fettstoffwechsels, an Geschwülsten, Rheumatismus, Infektionen, Allergien)“ Diese Frage hat die Beschwerdeführerin verneint. Die Frage „Sind Sie in den letzten 5 Jahren ärztlich untersucht, beraten oder behandelt worden? (Name und Anschrift des Arztes)“ beantwortete die Beschwerdeführerin mit „Ja“ und gab den Arzt und „Entfernung der Gebärmutter 2/99 (kein Krebs)“ an. Die Frage nach Operationen, Unfällen, Verletzungen oder Vergiftungen wurde ebenfalls bejaht. Daraufhin veranlasste der Beschwerdegegner eine zusätzliche Befragung der Beschwerdeführerin zu gynäkologischen Erkrankungen. Auf diesem Formular befindet sich u. a. die Frage: „Waren Sie jemals länger als vier Wochen arbeits- bzw. berufsunfähig? Wegen welcher Erkrankung und wie lange?“ Diese Frage beantwortete die Beschwerdeführerin mit der Angabe des Zeitraumes einer Arbeitsunfähigkeit vom „8. November 1998 bis 31. Mai 1999, körperliche Erschöpfung und OP nebst Genesungszeit“. In Beantwortung der Frage Nr. 3 gab die Beschwerdeführerin einen auf die Gebärmutterentfernung bezogenen Krankenhausaufenthalt in der Zeit vom 19. Januar 1999 bis 27. Januar 1999 an und fügte einen Bericht der Universitätsklinik vom 17. Februar 1999 bei.
Im April 2003 beantragte die Beschwerdeführerin Leistungen aus dem Versicherungsvertrag wegen einer Post-Zoster-Neuralgie und abnehmender Leistungsfähigkeit.
Der Beschwerdegegner erklärte am 17. Juli 2003 den Rücktritt vom Vertrag und die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung. Er beruft sich dabei auf eine Arbeitsunfähigkeit
vom 10.11.1998 bis 31.05.1999 wegen Angina pectoris und Hypertonie,
(einschließlich stationärer Behandlung deswegen vom 10.11.1998 bis 13.11.1998
und vom 08.02.1999 bis 17.02.1999)
vom 23.09.1997 bis 24.10.1997 wegen Migräne und HWS-Syndrom,
vom 21.11.1997 bis 31.12.1997 wegen Unterschenkelhämatom und Knieprellung,
vom 06.02.1996 bis 10.03.1996 wegen einer leichten depressiven Episode und
vom 06.07.1995 bis 14.07.1995 wegen Tendinitis.
Der Beschwerdegegner geht hierbei vom Verschweigen schwerwiegender Erkrankungen und arglistigem Handeln der Beschwerdeführerin aus.
II.
Die Beschwerde hat Erfolg.
Weder der Rücktritt vom Vertrag noch die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sind wirksam.
Der Beschwerdegegner berücksichtigt nicht hinreichend, dass ihm die wesentlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin bekannt waren. Die Beschwerdeführerin hatte vor allem die mehrmonatige Arbeitsunfähigkeit vom 8. November 1998 bis 31. Mai 1999, die bei Antragstellung am 1. November 1999 noch nicht lange zurücklag, in der „Zusätzlichen Erklärung Gynäkologische Erkrankungen“ angezeigt. Demgegenüber haben die vom Versicherer als nicht angezeigt beanstandeten Beschwerden deutlich geringeres Gewicht. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Krankenhausaufenthalt vom 10. bis 13. November 1998 keinen pathologischen Befund ergeben hat und die Beschwerdeführerin bis auf eine Diätempfehlung ohne einen Therapievorschlag entlassen wurde. Dies ergibt sich aus dem vorliegenden Entlassungsbericht des Krankenhauses vom 23. November 1998. Für die Behauptung des Versicherers, die Beschwerdeführerin sei wiederholt wegen Angina pectoris- und Hypertoniebeschwerden stationär behandelt worden, lassen sich keine ausreichenden Tatsachen feststellen. Der Grund für den stationären Aufenthalt im Februar 1999 war die angezeigte Gebärmutterentfernung.
Angesichts der angegebenen langen Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin, die immerhin drei Monate vor der Gebärmutteroperation begann, wäre bei einer sorgfältigen Risikoprüfung eine Nachfrage des Versicherers erforderlich gewesen. Wenn sich der Versicherer mit der ungenauen Angabe „körperliche Erschöpfung und Operation nebst Genesungszeit“ zufrieden gab, machte er deutlich, dass er auf eine ins Detail gehende Aufklärung keinen Wert legte. Das ist insbesondere deshalb erstaunlich, weil die Angabe der Beschwerdeführerin deutlich auf mögliche psychische Beschwerden hinwies. Bei einer detaillierten Nachfrage wären auch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen, insbesondere aus den Jahren 1996/1997, offenbart worden.
Wenn der Beschwerdegegner auf eine gründliche Risikoprüfung verzichtet oder diese unterlässt, kann er sich nach gefestigter Rechtsprechung später nicht auf eine Anzeigepflichtverletzung berufen. Unter derartigen Umständen ist es dem Versicherer verwehrt, von einem etwaigen Rücktrittsrecht Gebrauch zu machen (vgl. BGH v. 02.11.1994 – IV ZR 201/91 – VersR 1995, 80; OLG Hamm v. 23.07.1999 – 20 U 162/98 – VersR 2000, 878).
Im Übrigen hat der Versicherer nicht hinreichend substantiiert dargetan, dass die nicht angezeigten Beschwerden ihn veranlasst hätten, den Vertrag nicht oder nur zu veränderten Bedingungen abzuschließen. Der erklärte Rücktritt des Versicherers ist demnach nicht wirksam.
Auch die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung führt nicht zur Aufhebung des Versicherungsschutzes. Zwar bleibt das Anfechtungsrecht des Versicherers von einer gebotenen, aber nicht vorgenommenen Risikoprüfung unberührt, weil zwischen den Auswirkungen der Verletzung einer Risikoprüfungsobliegenheit auf das Rücktrittsrecht und dem Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung unterschieden werden muss. Aber dem Versicherer ist es nicht gelungen, den ihm obliegenden Beweis für ein arglistiges Handeln der Beschwerdeführerin zu erbringen. Da die Beschwerdeführerin die wesentlichen Erkrankungen richtig angegeben hat, liegt die Annahme von Arglist auch eher fern. Insoweit kann der Auffassung des Versicherers, bei den verschwiegenen gesundheitlichen Umständen handele es sich um schwerwiegende Erkrankungen und die Beschwerdeführerin hätte diese nicht angezeigt, um die Übernahme des Versicherungsschutzes nicht zu gefährden, nicht gefolgt werden.
Ob in der vorliegenden Sache der Versicherungsfall eingetreten ist, kann anhand der Unterlagen nicht beurteilt werden. Denn auch der Versicherer ist erkennbar noch nicht in die Leistungsprüfung eingetreten.
Dem Beschwerdegegner war deshalb zu empfehlen, den Eintritt der bedingungsgemäßen Voraussetzungen der Leistungspflicht aus der Berufsunfähigkeitsversicherung zu prüfen und dabei den Rücktritt vom Vertrag und die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung außer Betracht zulassen.