I.
Zwischen der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin besteht seit dem 1. Juli 2004 ein Hausratversicherungsvertrag. Für diesen gelten die vereinbarten Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen und die besonderen Klauseln zur Hausratversicherung des Versicherers.
Am 30. September 2004 stellte die Beschwerdeführerin ihr mit einem Schloss gesichertes Fahrrad gegen 21.00 Uhr auf ihrem Grundstück hinter dem Wohnhaus ab. Das Grundstück ist linksseitig durch eine 2,20 Meter hohe Hecke und rechtsseitig durch einen 1,80 Meter hohen Zaun umgeben. Die Rückseite wird ebenfalls durch eine 2,20 Meter hohe Hecke und zusätzlich durch einen Maschendrahtzaun eingefasst. Die circa 30 Meter lange Vorderseite des Grundstücks wird über eine Länge von 26,50 Metern durch einen 80 cm hohen Stahlzaun zur Straße hin abgegrenzt. Die 3,50 Meter breite Einfahrt des Grundstücks ist offen. Am folgenden Tag gegen Mittag bemerkte die Beschwerdeführerin, dass das Fahrrad entwendet worden war. Der Zeitpunkt der Tat konnte nicht geklärt werden. Aus der Bescheinigung über die Erstattung einer polizeilichen Anzeige ergab sich, dass das Fahrrad in der Zeit vom 30. September 2004 gegen 21.00 Uhr bis zum 1. Oktober 2004 gegen 12.00 Uhr vom Grundstück der Beschwerdeführerin entwendet worden war. Der Versicherer lehnte deshalb eine Leistung ab.
II.
Die Beschwerde hat Erfolg.
Nach dem zugrunde liegenden Hausratversicherungsvertrag besteht grundsätzlich eine Leistungspflicht des Versicherers. Der einfache Diebstahl eines Fahrrads ist durch die in den Vertrag miteinbezogenen Klausel 711002 „Fahrraddiebstahl“ mitversichert.
Diese lautet auszugsweise:
„1. Für Fahrräder erstreckt sich der Versicherungsschutz auch auf Schäden durch
Diebstahl, wenn nachweislich
a) das Fahrrad zur Zeit des Diebstahls in verkehrsüblicher Weise durch ein Schloss gesichert war und außerdem
b) der Diebstahl zwischen 6 Uhr und 22 Uhr verübt wurde oder sich das Fahrrad zur Zeit des Diebstahls in Gebrauch befand oder auf dem eingefriedeten Grundstück befunden hat.“
Die Beschwerdeführerin hat den Nachweis nicht erbracht, dass ihr Fahrrad außerhalb der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr entwendet wurde. Ebenso befand sich das Fahrrad nicht mehr im Gebrauch. Deshalb richtet sich die Leistungspflicht des Versicherers nach der dritten Variante der genannten Klausel. Diese setzt voraus, dass sich das Fahrrad auf einem eingefriedeten Grundstück befunden hat. Der Versicherer hat eine Entschädigungsleistung abgelehnt. Damit Versicherungsschutz gewährt werden könne, müsse das Grundstück vollständig eingefriedet sein. Nur dadurch werde eine minimale Sicherung erreicht, die das Grundstück vor dem Zutritt Unbefugter schützt. Diese Vorraussetzung sei bei dem Grundstück der Beschwerdeführerin nicht erfüllt, da gerade die Grundstückseinfahrt offen sei.
Damit legt die Beschwerdegegnerin die Fahrraddiebstahlklausel nicht zutreffend aus. Die allgemeinen Bedingungen sind grundsätzlich so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung verstehen muss. Die Auslegung hat sich demnach grundsätzlich an dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens zu orientieren (Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 18.03.1992, AZ.: IV ZR 87/91, in Versicherungsrecht (VersR) 1992, Seite 606). Nach dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens versteht man unter einer Einfriedung die vollständige oder teilweise räumliche Abgrenzung eines Grundstücks, wie beispielsweise mit Mauern, Hecken oder Zaunanlagen (Kroner, Baulexikon, (www.Baulexikon.de)) Ungeachtet der Art der Einfriedung, muss diese das Grundstück danach nicht lückenlos umschließen. Durch die Einfriedung muss insgesamt deutlich werden, dass der Berechtigte sein Grundstück gegen das willkürliche Betreten schützen will.
Ausnahmsweise sind allerdings Ausdrücke, die in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen verwendet werden, dann anders auszulegen, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen vom allgemeinen Sprachgebrauch des täglichen Lebens abweichenden fest umrissenen Begriff verbindet. Dann ist im Zweifel anzunehmen, dass die Allgemeinen Versicherungsbedingungen entsprechend der Rechtssprache verstanden werden sollen (Urteil des BGH vom 18.03.92, IV ZR 87/91, in Versicherungsrecht (VersR) 1992, Seite 606).
Auch die Rechtssprache verwendet den Begriff des eingefriedeten Grundstücks nicht abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch. Es ist danach nicht erforderlich, dass eine vorhandene Umschließung völlig lückenlos ist. So gelten nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 12. Oktober 1993, AZ.: 14 U 137/92, in Schaden-Praxis 1994, Seite 90, für den Begriff des „umfriedeten“ Abstellplatzes sinngemäß die gleichen Erwägungen wie für den Begriff des „befriedeten“ Besitztums in § 123 des Strafgesetzbuches (StGB). Der strafrechtliche Schutz eines befriedeten Besitztums erstreckt sich auf eine in äußerlich erkennbarer Weise gegen Betreten durch zusammenhängende, nicht notwendig ganz lückenlose, Schutzwehren gesichertes bebautes oder unbebautes Grundstück (vgl. Lackner/Kühl, Kommentar zum Strafgesetzbuch, § 123 Randnummer 3, 24. Auflage). Als Mindesterfordernis einer Einfriedung ist daher insgesamt deren Charakter als einheitliche Sperrvorrichtung, die das beliebige Betreten durch Unbefugte verhindern will erforderlich (vgl. Urteil des OLG Köln vom 13. Juli 1982 in Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1982, 2674). Das Grundstück muss demnach nicht vollständig umschlossen sein. Es wird zudem nicht bestimmt, an welcher Stelle die Einfriedung keine Lücke aufweisen darf, damit nicht mehr von einer solchen gesprochen werden kann. Gefordert werden zusammenhängende Schutzwehren, die nicht lückenlos sein müssen.
Die Beschwerdeführerin hat ihr Grundstück an der Rückseite, links und rechtsseitig eingezäunt. An der Vorderseite ist das Grundstück über eine Länge von circa 26,5 Metern eingezäunt. Lediglich die Einfahrt ist über eine Breite von circa 3,50 Metern nicht mit einem Tor oder ähnlichem versehen. Trotz der an der Einfahrt vorhandenen Unterbrechung der Einfriedung hat die Beschwerführerin somit ihre Abwehrposition durch eine insgesamt einheitliche Sperrvorrichtung, die das Betreten durch Unbefugte verhindern soll, nach außen dokumentiert. Die Vorderseite wird auf einer Gesamtlänge von circa 26,50 Metern durch einen Zaun geschützt, der Unbefugte vom Betreten des Grundstücks abhalten soll. Damit ist das Grundstück durch eine zusammenhängende Schutzwehr umgeben. An diesem Charakter der vorhandenen Einfriedung ändert die offene Hofeinfahrt nichts. Das Grundstück war deswegen nicht wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, frei zugänglich. Damit sind die Anforderungen, die an die Einfriedung eines Grundstücks gestellt werden, erfüllt.
Die von der Beschwerdegegnerin zitierte Rechtsprechung des AG Pirmasens im Urteil vom 9. Februar 1987 (AZ.: 1 C 535/86) steht dem nicht entgegen. Das Gericht hatte einen Sachverhalt zu beurteilen, bei dem das Grundstück des Versicherungsnehmers an der Vorderseite weder durch einen Zaun noch durch andere Hindernisse geschützt war. Das Grundstück verfügte demnach an der Vorderseite über keinerlei erkennbare Schutzwehren. Zu Recht fordert das Gericht für den Erhalt des Versicherungsschutzes ein Mindestmaß an Hindernissen, aber keinesfalls eine lückenlose Einfriedung.
Das Fahrrad der Beschwerdeführerin befand sich deswegen zum Tatzeitpunkt auf einem eingefriedeten Grundstück. Der Versicherer ist daher zu verpflichten, für den Versicherungsfall bedingungsgemäßen Versicherungsschutz zu gewähren.