Der Beschwerdeführer hatte den Widerruf zu seinem bereits gekündigten Vertrag mit der Nummer XXX erklärt und verlangt, dass die Versicherung nun von Beginn an aufgehoben wird und ihm die eingezahlten Beiträge erstattet werden. Er berief sich hierbei auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 7. Mai 2014.
Dieses Urteil bezieht sich auf eine Regelung im Versicherungsvertragsgesetz (VVG), die nur von 1994 bis Ende 2007 galt. In diesem Zeitraum konnten Vertragsabschlüsse nach dem sogenannten Policenmodell erfolgen. Das bedeutete, dass der Versicherungsinteressent die meisten Vertragsunterlagen, insbesondere die Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen, erst nach Abgabe seiner Vertragserklärung – also in der Regel nach Antragstellung – zusammen mit dem Versicherungsschein zugeschickt bekam. In diesem Fall räumte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG dem Versicherungsnehmer ein Widerspruchsrecht nach Erhalt aller Unterlagen sowie der Widerrufsbelehrung ein. Dieses Widerspruchsrecht erlosch spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie, selbst wenn der Versicherungsnehmer die Vertragsunterlagen nicht erhalten hatte oder nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden war.
Ende 2013 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu entscheiden, ob der damalige § 5a VVG mit dem Europarecht vereinbar war. Diese Frage hat er verneint. Bei fehlerhafter Belehrung dürfe das Widerspruchsrecht nicht nach einem Jahr entfallen. Die weiteren Auswirkungen waren vom BGH zu klären. Dieser stellte daraufhin in der genannten Entscheidung klar, dass § 5a VVG im Bereich der Lebens- und Rentenversicherung nicht anwendbar ist. Folglich besteht das Widerspruchsrecht eines Versicherungsnehmers, der nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt worden ist und/oder die Versicherungsbedingungen oder eine Verbraucherinformation nicht erhalten hat, grundsätzlich fort.
Soweit stimme ich also zu, dass ein gekündigter Vertrag unter Umständen nachträglich noch widerrufen werden kann. Allerdings spielt auch der jeweilige Zeitpunkt eine Rolle. Wie erwähnt, galt § 5a WG nur von 1994 bis Ende 2007. Der Vertrag stammt jedoch aus dem Jahr 1990. Zu diesem Zeitpunkt galten andere Regelungen. Ein Widerrufsrecht bestand zwar schon, war jedoch seit 1984 in sogenannten Geschäftsplanmäßigen Erklärungen geregelt. Dabei handelt es sich um schriftliche Erklärungen des Versicherungsunternehmens, die gegenüber der damaligen Aufsichtsbehörde abgegeben wurden und in denen es sich unter anderem zu einem bestimmten Verhalten im Rahmen seines Geschäftsbetriebes verpflichtete. Unter Ziffer 1.1 der Geschäftsplanmäßigen Erklärung sagte der Versicherer zu, den in der Folge aufgeführten Text in den Versicherungsantrag aufzunehmen. Unter Ziffer 1.1 Nummer 2 gab es eine Formulierung zum Widerrufsrecht, die das Unternehmen der Erklärung entsprechend übernommen hat und die sich in dem Versicherungsantrag über der Unterschriftenzeile befindet. Hiernach kann der Antrag innerhalb von 10 Tagen nach der Unterzeichnung widerrufen werden. Diese Frist wäre schon lange abgelaufen.
Der Vollständigkeit halber gehe ich noch auf ein weiteres Urteil des BGH ein, das der Versicherer in seiner Stellungnahme erwähnte. In dieser Entscheidung vom 16. Oktober 2013 befasste sich das Gericht mit dem Widerrufsrecht zu Verträgen, die zwischen 1991 und 1994 geschlossen wurden. Damals fand sich eine Regelung zum Widerruf in § 8 Abs. 4 VVG, die unter anderem vorsah, dass der Versicherer über das Widerrufsrecht schriftlich belehren musste. Der BGH kam in der genannten Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die Widerrufsfrist, obwohl es sich damals nicht ausdrücklich aus dem Wortlaut des § 8 Absatz 4 VVG ergab, erst mit der ordnungsgemäßen Belehrung beginnt. Im geprüften Fall fand sich zwar ein Hinweis auf das Widerrufsrecht, die Belehrung war jedoch unzureichend, so dass die Frist nicht zu laufen begann.
Auf den vorliegenden Vertrag lässt sich diese Entscheidung jedoch nicht ohne weiteres übertragen. Wie erwähnt, war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine „Belehrung“ über das Widerrufsrecht schließlich nicht gesetzlich vorgeschrieben. Auf die Frage, ob der Hinweis auf das Widerrufsrecht in dem Versicherungsantrag den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Belehrung genügt, kommt es somit nicht an. Nach dem aktuellen Stand der Rechtsprechung ist die Frist Ihres Widerrufsrechts bereits abgelaufen.