I.
Die Beschwerdeführerin wünscht eine Deckungszusage für eine Klage vor dem Verwaltungsgericht. Sie war bei der Beschwerdegegnerin bis zum 27. November 2006 rechtsschutzversichert. Dem Rechtsschutzversicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) 2002 zugrunde. Versichert war auch der allgemeine Verwaltungsrechtsschutz.
Die Beschwerdeführerin ist Lehrerin. Weil sie die laufbahnrechtliche Höchstaltersgrenze von 35 Jahren überschritten hatte, wurde sie am 6. August 2007 nicht in ein Beamtenverhältnis auf Probe, sondern in ein unbefristetes Angestelltenverhältnis übernommen. Die Einstellungsbehörde hatte den sogenannten Mangelfach-Erlass, der Ausnahmen von der Altersgrenze zuließ, nicht angewandt, denn am 23. Juni 2006 wurde dieser Erlass vorzeitig aufgehoben.
Die Beschwerdeführerin hat Widerspruch gegen die Einstellung in das Angestelltenverhältnis eingelegt. Im Widerspruchsschreiben vom 11. Januar 2008 trägt sie vor, dass die Ablehnung der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf die vorzeitige Aufhebung des Mangelfach-Erlass zurückzuführen sei. Die Aufhebung sei rechtswidrig und verletze ihre Rechte. Sie habe auf die Fortgeltung des Mangelfach-Erlass vertrauen dürfen und deshalb einen Anspruch auf Verbeamtung.
Die Beschwerdegegnerin verweigert die Kostenübernahme, weil der Rechtsschutzfall nach dem Ablauf des Versicherungsvertrages eingetreten sei. Es käme allein darauf an, wann die Beschwerdeführerin eingestellt worden sei. Der Aufhebungserlass stelle keinen Rechtsschutzfall im Sinne der ARB, da es sich um einen allgemein verbindlichen Verwaltungsakt handele, der eine Vielzahl von Beamtenanwärtern betreffe. Erst durch die möglicherweise fehlerhafte Einstellung sei das Rechtsverhältnis der Beschwerdeführerin konkret betroffen.
II.
Die Beschwerde ist begründet. Die Beschwerdegegnerin ist aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag verpflichtet, der Beschwerdeführerin Versicherungsschutz für die Klage vor dem Verwaltungsgericht zu gewähren. Der erste Rechtsschutzfall ist in versicherter Zeit eingetreten.
Nach § 4 Abs. 1 c) ARB 2002 besteht Anspruch auf Rechtsschutz nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles von den Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll. Aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse (BGHZ 123, 83, 85 und ständig) ist ein Rechtsschutzfall im Sinne von 4 Abs. 1 c) ARB 2002 anzunehmen, wenn das Vorbringen des Versicherungsnehmers (erstens) einen objektiven Tatsachenkern – im Gegensatz zu einem bloßen Werturteil – enthält, mit dem er (zweitens) den Vorwurf eines Rechtsverstoßes verbindet und worauf er dann (drittens) seine Interessenverfolgung stützt (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 19. November 2008, Az.: IV ZR 305/07).
Der Beschwerdegegnerin ist darin zuzustimmen, dass die – behauptete – fehlerhafte Einstellung der Beschwerdeführerin einen Rechtsschutzfall darstellt. Eine rechtliche Auseinandersetzung kann sich aber auch aus mehreren, zeitlich aufeinander folgenden Rechtsverstößen entwickeln, die entweder von derselben Partei oder auch wechselweise vom Versicherungsnehmer, seinem Gegner oder einem Dritten begangen sein können (Harbauer, ARB-Kommentar, 7. Auflage § 14 ARB 75 Rdnr. 56). Für solche Fälle legt § 4 Absatz 2 Satz 2 ARB 2002 ARB den Zeitpunkt des Eintritts des Rechtsschutzfalles auf den ersten – tatsächlichen oder behaupteten – Verstoß, sofern er die Auseinandersetzung zumindest mit verursacht hat.
Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die vorzeitige Aufhebung des Mangelfacherlasses sei rechtswidrig gewesen, stellt ebenfalls einen Rechtsschutzfall dar. Die Beschwerdeführerin begründet ihr Interesse an der Verbeamtung mit dem Vorwurf, die vorzeitige Aufhebung des Mangelfach-Erlasses verletze ihre Rechte und könne deshalb ihrem Einstellungsbegehren nicht entgegengehalten werden. Wäre der Mangelfach-Erlass nicht aufgehoben worden, hätte die Beschwerdeführerin trotz Überschreitens der Altergrenze aus dieser Verwaltungsvorschrift einen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis ableiten können (vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 20. November 2007, Az.: 2 K 1313/07).
Dieser erste Rechtsschutzfall war auch ursächlich für den Streit über die Übernahme in das Beamtenverhältnis. Ohne den Aufhebungserlass vom 23. Juni 2006 hätte die Übernahme der Beschwerdeführerin in das Beamtenverhältnis auf Probe jedenfalls nicht unter Berufung auf den Wegfall des Mangelfach-Erlasses abgelehnt werden können.
Der Ansicht der Beschwerdegegnerin, der Aufhebungserlass vom 23. Juni 2006 könne keinen Rechtsschutzfall im Sinne der ARB 2002 darstellen, weil er eine Vielzahl von Personen betroffen habe, kann nicht gefolgt werden. Im Verhältnis der Verwaltung zum Bürger hat der Mangelfach-Erlass eine anspruchsbegründende Außenwirkung. Wird die durch diese Ausnahmeregelung geschaffene neue Rechtslage nachträglich geändert (hier in Form des Aufhebungserlasses), kann dies einen Eingriff in die Rechtsstellung des Betroffenen bedeuten, wenn ein Verwaltungsakt auf die neue Rechtslage gestützt wird. (Verwaltungsgericht Düsseldorf a.a.O.). Zwar offenbarte sich dieser Eingriff erst in der – behaupteten – fehlerhaften Einstellung. Doch bereits durch den Aufhebungserlass vom 23. Juni 2006 wurde die Rechtsposition, die der Beschwerdeführerin durch den Mangelfach-Erlass eingeräumt wurde, wieder entwertet.
Die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Verbeamtung ist dadurch gekennzeichnet, dass der (behaupteten) fehlerhaften Einstellung ein anderer Verstoß vorausgegangen ist, der den Rechtsschutzfall „fehlerhafte Einstellung“ ausgelöst hat. Das führt zur Anwendung des § 4 Abs. 2 Satz 2 ARB 2002. Danach aber hängt die Frage, ob die Beschwerdegegnerin Deckung zu gewähren hat, davon ab, ob der erste Verstoß (Aufhebungserlass) innerhalb des versicherten Zeitraums liegt. Und das ist der Fall. Der Rechtsschutzversicherungsvertrag endete zum 27. November 2006. Der Aufhebungserlass stammt vom 23. Juni 2006.
Damit ist die Beschwerdegegnerin verpflichtet, eine Deckungszusage für die Klage vor dem Verwaltungsgericht zu erteilen.