Der Versicherungsombudsmann stellt seinen Jahresbericht 2012 vor
Der Ombudsmann für Versicherungen, Prof. Dr. Günter Hirsch, ehemaliger Präsident des Bundesgerichtshofs (BGH), hat am 16. Mai 2013 in Berlin seinen Jahresbericht 2012 vorgelegt. Der Bericht kann auf der Homepage eingesehen und heruntergeladen werden.
Im vorangestellten Grußwort erklärt Frau Dr. Elke König, Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die Schlichtungsstelle der deutschen Versicherungswirtschaft habe den Verbraucherschutz entscheidend gestärkt und sei Vorbild – nicht nur für die Finanzwirtschaft und auch nicht mehr nur in Deutschland.
Im Berichtsjahr erhielt der Ombudsmann 2,7 Prozent weniger Beschwerden als im Jahr davor. Die einzige Sparte mit Zuwachs war die Kfz-Haftpflichtversicherung, in allen anderen Sparten sanken die Beschwerden zum Teil zweistellig. Die gute durchschnittliche Bearbeitungsdauer der zulässigen Beschwerden des Jahres 2011 (3,4 Monate) konnte 2012 mit 3,5 Monaten ungefähr gehalten werden.
Im Jahr 2012 ergingen mehrere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu Lebensversicherungsverträgen, die ab 2001 bis Ende 2007 geschlossen wurden. Erstmals mit dem Urteil vom 25. Juli 2012 bewertete das Gericht die Kostenverrechnungsklausel nach dem sogenannten Zillmerverfahren im Falle von Kündigung oder Beitragsfreistellung als unangemessene Benachteiligung und erklärte sie für unwirksam. Auch die ihm vorliegenden Regelungen zum Stornoabzug beanstandete das Gericht. Es folgten weitere, überwiegend inhaltsgleiche Urteile gegen andere Versicherer, die alle im Wege der Verbandsklage nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) angestrengt wurden. Daher hatte der BGH nicht zu entscheiden, wie die in den Verträgen entstandenen Lücken zu füllen sind.
Beschwerden zu dieser Thematik erhielt der Ombudsmann zunächst nur in geringem Umfang, erst im Dezember stieg die Zahl stark an. Die Versicherer brauchten einige Zeit, um die Urteilsgründe auszuwerten und umzusetzen. Als Maßstab für Nachzahlungen legten sie überwiegend die Formel des BGH aus dem Jahr 2005 zugrunde. Danach gilt ein Mindestrückkaufswert in Höhe des hälftigen ungezillmerten Deckungskapitals. Dies entspricht den zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen mehrerer Oberlandesgerichte. Soweit Versicherer sich nicht in der Lage sahen, die Nachzahlungsbeträge sogleich zu ermitteln, verpflichteten sie sich aber zu dieser Berechnungsmethode sowie der angemessenen Verzinsung, so dass auch diese Beschwerdeverfahren beendet werden konnten.
Die Beschwerdestatistik weist 17.263 Beschwerden für das Jahr 2012 aus (Vorjahr: 17.733). Bezogen auf die beiden Zuständigkeitsbereiche des Ombudsmanns zeigt sich folgende Tendenz: Die Zahl der Beschwerden gegen Versicherungsunternehmen sank um 2,5 Prozent auf 16.468 (16.884). Die Beschwerden gegen Versicherungsvermittler verringerten sich um 11,8 Prozent auf 396 (449). Dies ist die niedrigste Zahl seit Übernahme der Zuständigkeit im Jahr 2007.
Gegenüber dem Vorjahr gingen in fast allen Sparten die Beschwerden zurück. Eine besondere Entwicklung war in der Lebensversicherung, der Sparte mit den traditionell meisten Beschwerden, festzustellen. Zwar erhielt der Ombudsmann mit 5.506 Eingängen 2,6 Prozent mehr Beschwerden als 2011 (5.367). Davon war jedoch ein größerer Teil unzulässig, so dass die Zahl der zulässigen Beschwerden um 4,7 Prozent sank.
Einzig in der Kfz-Haftpflichtversicherung gingen mehr zulässige Beschwerden als im Jahr 2011 ein; der Zuwachs betrug 2,9 Prozent. In der Kfz-Kaskoversicherung reduzierten sich die Eingänge um 5,5 Prozent, in der Gebäude- und Haftpflichtversicherung sowie in der Berufsunfähigkeitsversicherung sanken die Beschwerden um jeweils ca. 13 Prozent im Vergleich zu 2011 deutlich, in der Unfallversicherung um 9,2 Prozent. Um 5,8 Prozent verringerten sich die Eingaben zur Hausratversicherung. Die Eingänge in der Rechtsschutzversicherung blieben etwa konstant. Wegen des Rückgangs in vielen anderen Sparten steigerte dies den prozentualen Anteil dieser Sparte am gesamten Beschwerdeaufkommen weiter.
An zwei Gesetzgebungsakten belegt Prof. Hirsch in seinem Bericht, dass die außergerichtliche Streitbeilegung enorm an Bedeutung gewinnt. Zunächst erläutert er den Stand des europäischen Gesetzgebungsverfahrens zur außergerichtlichen Streitbeilegung (AS). Nach der Richtlinie des Parlaments und des Rates sollen für alle Arten von inländischen und grenzüberschreitenden Verbraucherstreitigkeiten AS-Stellen zur Verfügung stehen. Diese Richtlinie sieht zur Umsetzung in nationales Recht eine Zeitspanne von 24 Monaten vor.
Außerdem soll eine Verordnung des Parlaments und des Rates über die Online-Streitbeilegung für vertragliche Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmen gelten, wenn diesen ein Online-Verkauf von Waren oder eine Online-Bereitstellung von Dienstleistungen im In- oder Ausland zugrunde liegt. Eine von der europäischen Kommission einzurichtende Plattform soll ermöglichen, Beschwerden elektronisch einzulegen und diese an die zuständigen Schlichtungsstellen weiterzuleiten.
Schließlich legt Prof. Hirsch in seinem Bericht die Auswirkungen des Mediationsgesetzes für den Ombudsmann dar. Durch eine Änderung der Zivilprozessordnung (§ 278a ZPO) können Gerichte den Parteien eine Mediation „oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung“ vorschlagen. Damit erkenne die ZPO an, dass es komplementäre Verfahren zum Zivilprozess gibt, die den Bürgern zusätzlichen Rechtsschutz geben.
Bei Fragen:
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