Berlin, 26. September 2001. – Versicherungswirtschaft richtet für ihre Kunden ein unabhängiges, kostenloses Streitschlichtungsverfahren ein. Der erste Ombudsmann für die Versicherungswirtschaft, Prof. Wolfgang Römer, nimmt am Montag seine Tätigkeit auf. Der ehemalige BGH-Richter will „Frieden“ zwischen Verbrauchern und Versicherungsunternehmen.
Ab 1. Oktober kann sich jeder Versicherungsnehmer telefonisch, per Brief, E-Mail oder Fax bei einem Konflikt mit seinem Versicherungsunternehmen an den Ombudsmann wenden. Die unabhängige Streitschlichtungsstelle wird vom Verein „Versicherungsombudsmann“ getragen, dem über 100 deutsche Versicherungsunternehmen mit einem Marktanteil von fast 90 Prozent angehören. „Wir haben den Zeitplan gehalten“, betonte Dr. Bernd Michaels, Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und Vorstandsvorsitzender des Vereins Versicherungsombudsmann anlässlich der Vorstellung des Ombudsmanns am Mittwoch in Berlin. Ab jetzt ziehe sich die Versicherungswirtschaft aus dem organisatorischen Aufbau zurück. „Die Beschwerdeentscheidungen, auch die Entscheidungen über die Organisation, treffen in Zukunft der Verein und seine Gremien, die nicht von der Versicherungswirtschaft dominiert werden.“ Mit dem ehemaligen BGH-Richter Professor Wolfgang Römer habe der Verein einen idealen Ombudsmann gefunden, dessen „Integrität, Autorität, Kompetenz und Unabhängigkeit außer Zweifel stehen“, so Dr. Michaels bei der Einführung des neuen Ombudsmanns.
Professor Römer, der bis zu seiner Pensionierung im Juni diesen Jahres als Richter im Versicherungssenat des BGH höchstrichterliche Entscheidungen gefällt hatte, wolle in seinem neuen Amt mehr „schlichten als richten.“ Die Aufgabe des Ombudsmanns bestehe darin, beide Seiten zu würdigen und sich darum zu bemühen, dass zwischen Verbrauchern und Versicherungsunternehmen „Zufriedenheit und im besten Sinne Frieden eintritt.“
Der Ombudsmann erläuterte vor Antritt seines neuen Amtes das Schlichtungsverfahren: Grundsätzlich könne sich jeder Kunde bei einem Streit mit seinem Versicherungsunternehmen an den Ombudsmann wenden. Erfahrene Versicherungskaufleute und Juristen würden die Beschwerde aufnehmen und zur Zuständigkeitsprüfung an den Ombudsmann weiterleiten. Der Ombudsmann ermittele sozusagen von Amts wegen, wenn sich herausstelle, dass zwischen Kunde und Unternehmen keine Einigung über eine zulässige Beschwerde möglich sei. Entschieden würde nur anhand der eingereichten Unterlagen und Stellungnahmen, der Maßstab des Schlichtungsvorschlages sei „allein Recht und Gesetz“, so der ehemalige BGH-Richter, der laut Verfahrensordnung auch keine persönlichen Anhörungen oder Zeugenvernehmungen durchführen wird.
Der Ombudsmann entscheidet bis zu einem Beschwerdewert von 5.000 Euro mit bindender Wirkung für die Versicherungsunternehmen. Darüber hinaus kann der Schlichter bis zu einem Beschwerdewert von 50.000 Euro Empfehlungen zur Streitschlichtung abgeben, die allerdings für beide Seiten unverbindlich sind. Prof. Römer hob hervor: „Versicherungsunternehmen können zu jeder Zeit auch auf dem Kulanzwege einen Streitfall beenden.“ Bei höchstrichterlich noch unentschiedenen Grundsatzfragen sähe er von einer Ombudsmann-Entscheidung ab und überließe sie den ordentlichen Gerichten. Römer sicherte den streitenden Parteien zu, Entscheidungen und Empfehlungen schriftlich und alle Verfahrensschritte vertraulich zu behandeln.
Der Ombudsmann zeigte sich überzeugt, dass das Streitschlichtungsverfahren ein Erfolg für Verbraucher wie Unternehmen werden wird. „Denn der Kunde bekommt eine unabhängige und kompetente Institution an die Hand, derer er sich kostenlos zur Durchsetzung seiner Interessen bedienen kann. Umgekehrt erfahren die Versicherungsunternehmen durch den Ombudsmann, wo den Kunden der Schuh drückt und wie sie gegebenenfalls die Beziehungen zwischen den Unternehmen und ihren Kunden ausbauen können.“